Als mich ein wunderschönes Päckchen vom August Dressbach Verlag erreichte, war ich doch etwas skeptisch, als ich das Buch (ganz in rosa!) Maria Christina – Tagebuch einer Tochter von Rebecca Novak in den Händen hielt. Ein historischer Roman. Bisher bin ich dem Genre eher aus dem Weg gegangen, aber wie mich dieses zauberhafte Werk überzeugte, erfahrt ihr heute in meiner Rezension.
Die Erzherzogin Maria Christina erhält von ihrer Mutter, der Kaiserin von Österreich, ein Tagebuch zu ihrem Geburtstag. Unverblümt und neckisch notiert sie die Ereignisse in ihrem Leben rund um das Leben am Hof im späten 18. Jahrhundert, die Liebe, Freundschaft und die Familie. Sie schwärmt von prachtvollen Bällen und feierlichen Zusammenkünften des Hochadels. Maria Christina, die auch Schwester der sagenhaften Marie Antoinette ist, wird jedoch auch mit dem Tod und der Heiratspolitik der Habsburger konfrontiert, die ihr Angst bereitet. Wird sie auch ein ähnliches Schicksal ereilen? Sechs Jahre lang schreibt sie all jenes auf, was ihr durch den Kopf geht.
Anfänglich bereitete mir das Genre Sorgen. Liebesroman und dann auch noch historisch – ob das wirklich etwas für mich sein würde? Diese Frage kann ich nun mit einem absolut! beantworten, was jedoch mehr daran liegt, dass Maria Christina – Tagebuch einer Tochter alles andere als ein typischer historischer Liebesschinken ist. Mich überraschte es sehr, wie leicht sich der Roman lesen ließ. Ich hatte zeitweise gar nicht das Gefühl, dass mir die Historie zwangsweise aufgedrängt wird und auch das Thema Liebe sticht nicht so prägnant hervor, dass sich in Maria Christinas Leben nur alles darum dreht.
Historie, das ist ein guter Stichpunkt. Ich bin weder großer Geschichtsfanatiker, noch kenne ich mich hervorragend aus, daher war es gar nicht verkehrt, mal vorher ein wenig im Internet zu surfen. Vor allem die Website zum Werk hat mir viele neue Erkenntnisse eingebracht. Der Roman ist historisch korrekt, was die Autorin bestimmt sehr viel Recherche erfordert hat. In ihren Anmerkungen zum Buch sagt Rebecca Novak, sie habe die Lücken in Maria Christinas Leben mit fiktiven Dialogen und Szenen gefüllt. Einen Roman zu verfassen kostet schon viel Mühe und Zeit, daher mein vollster Respekt für diese Arbeit, die ich sehr zu schätzen gelernt habe.
Dadurch wirkt alles auch sehr lebendig. Ich war vor einiger Zeit auch an einigen Schauplätzen des Romans in Wien und konnte mir daher vieles gut vorstellen. Das war für mich ein zusätzlicher Bonus.
Das Buch lag in seiner knallrosafarbenen Erscheinungsform in meinen Händen und beim ersten Blättern merkte ich: sogar die Seiten sind rosa eingefärbt! Ich kannte das in dieser Art noch nicht und war skeptisch, ob das Lesen auf diese Weise vielleicht unangenehm sein würde. Ich brauchte nur wenige Seiten, schon störte mich der Farbton nicht mehr. Darüber hinaus glaubte ich auf den ersten Seiten noch, ich könnte bei der Schriftart niemals über 50 Seiten kommen, aber auch da habe ich mich tief geschnitten. Und als ich am Ende las, warum die Schriftart so speziell war, habe ich tatsächlich vor lauter überkochenden Emotionen Tränen verdrückt. Die Autorin hat eine moderne Form der im 19. Jahrhundert populären Didot Lettern verwendet, die aus Maria Christinas Zeit stammt. Hin und wieder taucht in dem Buch auch eine Schreibschrift auf, die an die Handschrift eines gebildeten Menschen aus dem 18. Jahrhundert erinnern soll. Wahnsinn, wie viel Liebe zum Detail in diesem Roman steckt. Kein Wunder, dass ich alle Bedenken über Board warf und nur noch lobend über diese Kreativität sprechen kann.
Das Fehlen der Kapitel war nicht weiter dramatisch, denn dafür gab es ja unterschiedliche Abschnitte der Tagebucheinträge, unterteilt in Tagen und Tageszeiten. Manchmal vergehen Monate oder Wochen, in denen Maria Christina uns im Unklaren lässt, nur um später nachzuerzählen, wieso sie ihr Tagebuch vernachlässigte. Mir gefiel es gut, dass einige Einträge recht kurz gefasst sind, denn so kommt man schnell voran und denkt häufig ach, einen Eintrag lese ich noch!
Dadurch, dass Maria Christina ihrem Tagebuch alles anvertrauen kann, legt sie kein Blatt vor den Mund. Ihre charmante und gleichzeitig spitzzüngige Art hat mich sehr verzaubert und teilweise habe ich sehr lachen müssen, wenn Maria Christina wieder einmal ihren Sarkasmus springen lässt. Sie ist eine erfrischende Protagonistin, wie ich sie mir nur hätte erträumen können. Sogar die Nebenfiguren wirken sehr authentisch, obwohl sie eigentlich nur Nacherzählungen Maria Christinas sind. Besonders Isabella und Albert sind mir sehr ans Herz gewachsen.
Wer glaubt, der Roman handele vornehmlich auch von Marie Antoinette, wird eher enttäuscht. Ich habe mir auch mehr von ihrer Präsenz erhofft, doch zu der im Tagebuch behandelten Zeit ist sie noch ein kleines Mädchen. Man kann an vielen Stellen allerdings erahnen, zu welcher Person sie heranwächst und die vielen netten Anekdoten sorgten nicht selten für ein Lächeln auf meinen Lippen.
Mir hätte der Roman noch ein bisschen besser gefallen, wenn die politischen Einwürfe und einige Leerläufe in Maria Christinas Leben (beispielsweise Einträge, in denen sie lediglich von ihrer Langeweile spricht und die Handlung nicht weiter vorangetrieben wird) reduziert worden wären. Mit seinen 528 Seiten wirkte die Geschichte manchmal etwas in die Länge gezogen, was der Roman meiner Meinung nach gar nicht gebraucht hätte. Aber man muss wirklich keine Sorgen haben, wenn man historisch eher unwissend ist: die Autorin nimmt einen von Anfang an an die Hand und erklärt durch spielerische Dialoge die habsburgische Politik der österreichischen Kaiserfamilie.
Der Roman war für mich sehr emotional und am Ende habe ich seufzend mit einer Träne in den Augen das Buch geschlossen. Ich dachte einfach nur wie schön! und war sehr froh, dass ich mich an das Experiment historischer Liebesroman gewagt habe. Momentan schreibt die Autorin an einem zweiten Teil, den ich mir mit Sicherheit nicht entgehen lassen werde!
Insgesamt war ich sehr positiv überrascht, anders kann ich mein Lesegefühl gar nicht beschreiben. Die Liebe, die in diesem Werk steckt, kann man förmlich spüren und so ergriff auch mich Maria Christinas Geschichte. Ich gebe Maria Christina – Tagebuch einer Tochter verdiente vier von fünf Lesebrillen. Den kleinen Abzug schiebe ich auf die Langatmigkeit durch die – wenn auch sowieso schon eher selten erwähnten – politischen Ergüsse und die Leerläufe der Handlung. Rundum ein großes Leseerlebnis für alle, die sich gerne von den Figuren emotional berühren lassen.
Titel: Maria Christina - Tagebuch einer Tochter
Autorin: Rebecca Novak
Verlag: August Dressbach Verlag
ISBN: 978-3-940061-45-4
Preis: 18,00€
Preis: 18,00€
Sonstiges: Französische Broschur, gedruckt auf rosafarbenes Papier, 528 Seiten
Die genannten Details sind der Verlagswebsite von August Dressbach entnommen.
Vielen Dank an den August Dressbach Verlag für die wundervolle Zusammenarbeit!
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