Auf der LoveLetter Convention hatte ich die einmalige Gelegenheit, die amerikanische Autorin Kelsey Sutton zu interviewen. Ihr Jugendbuch Winterseele ist beim Ravensburger Buchverlag erschienen. Wir plauderten nicht nur über ihren frisch übersetzten Titel, sondern auch über Netflix-Serien, Buchempfehlungen und ihr Leben als Studierende. Was mir Kelsey Sutton alles verriet, könnt ihr in diesem Interview nachlesen!
Kelsey Sutton wirkt gut gelaunt, als wir uns gegen elf Uhr morgens am Samstag der LoveLetter Convention ein ruhiges Plätzchen für unseren Plausch suchen. Mit dabei ist unter anderem ihr Freund Jordan, von dem die amerikanische Autorin in einem Panel erzählt, er sei ihre erste große Liebe (was im Publikum nahezu zahlreiche Ohs und Hachs auslöste). Dass sie als Gast auf die Konferenz nach Berlin gekommen ist, ist einem Zufall zu verdanken: sie hatte von der LoveLetter Convention (LLC) gehört und schließlich nachgefragt, ob sie als Autorin daran teilnehmen dürfte. Passend dazu kam auch noch, dass Sutton momentan durch Europa reist – da schien der Auftritt auf der Konferenz wie gemacht. Mittlerweile hat sie Deutschland verlassen, sieht sich Prag an und auch Italien soll auf der Liste nicht fehlen. Praktisch war natürlich auch, dass ihr deutscher Verlag, der Ravensburger Buchverlag, ebenfalls auf der LLC vor Ort war. So hatten zahlreiche Besucher das Glück, die sympathische und fröhliche Autorin persönlich kennenzulernen.
Sutton studierte unter anderem Kreatives Schreiben. Die Kurse halfen ihr, sich beim Schreiben weiterzuentwickeln. Als sie an ihrem ersten Buch arbeitete und mit 18 bereits eine Agentur auf sich aufmerksam gemacht hatte, besuchte sie noch nicht die Universität – es funktionierte also auch ohne die Seminare, doch sie stellt fest, dass sie durch ihr Studium Einblicke in viel mehr Genres bekam und sich ihre Arbeiten verbesserten. Zurzeit macht sie ihren Abschluss im Master-Programm. Schreiben und Lernen – lässt sich das gut kombinieren? Sutton erklärt mir dazu ganz deutlich, dass es schon ein schwieriger Lebensabschnitt ist, weil der Master sehr viel Zeit beansprucht. So kann sie wegen der Kurse manchmal nur zu bestimmten Zeiten schreiben, auch wenn sie am liebsten jeden Morgen ganz in der Früh am Schreibtisch sitzen würde. Dadurch wurde das Schreiben an einigen Tagen für sie leider zur Nebensache. Zum Glück gibt es für sie noch die Wochenenden, an denen sie viel geschafft bekommt.
Nicht nur das Schreiben ist eines ihrer größten Hobbies. Sutton sieht sich in ihrer Freizeit auch gerne Serien an und behauptet von sich selbst, Netflix-süchtig zu sein. Zu ihren momentanen Lieblingsserien gehören Outlander und Good Wife. Weil sie so leicht abzulenken ist, muss sie deshalb beim Schreiben auch das Internet abschalten. Zum Glück hat sie ihre Freunde und ihren Freund, die sie daran erinnern, worauf sie sich fokussieren muss. Ohne ihr Team würde sie nicht weit kommen, bekennt sie nickend.
Sutton kennt allerdings auch die andere Seite des Buch-Business, denn sie ist eine große Leseratte. So hat sie sich auf der LLC sehr darüber gefreut, zusammen mit der Autorin Ann Aguirre auf einer Bühne zu stehen, deren Die Enklave-Reihe sie als Jugendliche verschlungen hat. Zu ihren absoluten Lieblingsbüchern gehören Die Tochter der Wälder (Juliet Marillier), Seelen (Stephenie Meyer) und Ich wünschte, ich könnte dich hassen (Lucy Christopher).
Als wir wieder auf ihr Buch zu sprechen kommen, sagt die Autorin über die deutsche Version ihres Romans Some quiet place (im Dt. Winterseele), es sei vermutlich das schönste Cover, das sie je für einen ihrer Titel bekommen habe. Sie liebt die Textur der Prägung, streicht beim Gespräch mit mir breit grinsend über das Buch – man merkt ihr die Freude über die deutsche Übersetzung richtig an. Ihre Freunde zeigen mir ein Foto, das Kelsey Sutton in einem Bahnhofs-Buchhandel zeigt, wie sie Winterseele zum ersten Mal im Handel entdeckt. „Ich war so aufgeregt!“, verrät sie. Ganz verständlich, wenn es sich doch dabei um ihr erstes übersetztes Buch überhaupt handelt. Allerdings habe sie der deutsche Titel anfangs stutzig gemacht, da sie selbst nie den Begriff im Roman verwendet hat. Sutton erklärt mir, dass er gewählt wurde, weil die Protagonistin in ihrem Buch keine Emotionen verspürt – sie also eine kalte Seele, eine Winterseele hat. Sie selbst findet die Übersetzung des Titels schlau gelöst.
Das Buch entstand, nachdem Sutton „Fear is coming“ als ersten Satz entwickelte. Dieser habe sie so sehr interessiert, dass sie weiter darüber nachdachte. „Mit 17 oder 18 Jahren habe ich meine Bücher damit begonnen, dass ich willkürlich Sätze schrieb und aneinanderreihte“, erläutert sie. Sie habe es geliebt, einfach eine leere Seite auf dem Computer zu füllen, ganz ohne Plan. Je mehr sie schrieb, desto intensiver entwickelten sich die Gedanken um die Geschichte und Sutton wollte herausfinden, was sich dahinter verbarg. Innerhalb von drei Monaten war sie mit dem Buch fertig. Heute benötigt sie definitiv mehr Zeit zum Schreiben und plant die Bücher im Voraus.
Sowohl Sutton als auch die Figuren in ihren Büchern teilen die Gemeinsamkeit, künstlerisch ambitioniert zu sein. Alle ihre Charaktere haben in gewisser Weise ein Interesse für Kunst, wie beispielsweise die Protagonistin in Winterseele, die Traumbilder malt. Das liegt daran, dass für Sutton jeder Mensch eine Passion haben sollte, die man auslebt. Bei der Kunst, wie auch bei den Traumbildern, gehe es darum, das Innere nach außen auf die Leinwand zu tragen – eine Art Verarbeitung der eigenen Erinnerungen, um sich auszudrücken.
Bisher ist Suttons Titel Where silence gathers noch nicht ins Deutsche übersetzt worden. Dabei handelt es sich zwar nicht direkt um einen Folgeband, jedoch spielt der Roman im gleichen Universum. Sie meint, ihr Verleger wollte gerne ein zweites Buch haben, doch für Sutton war die Geschichte in Winterseele bereits abgeschlossen. Dennoch wollte sie im gleichen Universum bleiben und entwickelte die Story über Alexandra, die zwar auch Emotionen sehen kann, darüber hinaus aber auch Entscheidungen sieht. Ihre Familie starb in einem Autounfall, verursacht durch Nate, der betrunken am Steuer saß. Nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wird, muss sich Alexandra zwischen Rache und Vergebung entscheiden.
Die Charaktere in Suttons Büchern haben oft Schwierigkeiten mit ihrer Gefühlswelt. Dadurch beschäftigte sich die junge Autorin auch oft mit der dunklen Seite der Menschen. Sie sagt, es würde sich nicht echt anfühlen, wenn sie die Dunkelheit in ihren Figuren einfach überginge. Es mache ihr Spaß, diese Spannungen und Ungewissheiten zu schreiben.
Aber nicht nur Jugendbücher, auch Kinderbücher stehen auf Suttons Agenda. The lonely ones war ihr erstes Buch für jüngere Leser, das ihr besonders am Herzen liegt. Aktuell schreibt sie an einer Neuerzählung von Der kleine Prinz (Antoine de Saint-Exupér) für Leser im Alter von 13+. Sie hofft, dass sie noch dieses Jahr das Projekt beenden kann, denn durch ihr Studium und ihre Reisen ist der Schreibprozess momentan schwierig. Ich kann es kaum erwarten, ihren neuen Titel in den Läden zu sehen!
Vielen Dank an Ravensburger und Kelsey Sutton für das Interview!
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