Rezension: The Shape of Water - Das Flüstern des Wassers


Die Academy Awards standen ganz im Zeichen von „The Shape of Water“ und auch ich hatte die Gelegenheit, den Film zu sichten. Ein typischer Guillermo del Toro Film oder doch nur Hype? Und was hat es eigentlich mit diesem Wasserwesen auf sich? Wie mir „The Shape of Water“ gefallen hat, erzähle ich euch heute in meinem Beitrag.


In den 1960er Jahren wird eine seltsame Kreatur (Doug Jones) in das geheime Labor der US-Regierung nach Baltimore gebracht. Sie wurde am Amazonas gefunden und scheint aus dem Wasser zu kommen. Die Amerikaner wollen sich der Kreatur annehmen, mit ihr experimentieren und sie für ihre Zwecke nutzen. Elisa (Sally Hawkins) ist eine Reinigungskraft, die im Labor arbeitet. Sie ist stumm, weshalb man sie oft unterschätzt oder gar nicht richtig ernst nimmt, doch Elisa macht sich daraus nichts. Als sie eines Tages dem Wesen aus dem Wasser begegnet, scheut sie jedoch nicht den Kontakt, sondern nähert sich ihm. Immer wieder bringt sie ihm ein Ei mit, legt beim Putzen sogar Musik auf und scheint sich mehr und mehr der Anziehung zu der Kreatur bewusst zu werden. Doch das Wesen soll schon bald von seinem Schicksal eingeholt werden und Elisa will alles dafür tun, ihren neu gewonnenen Freund zu retten.
Es fällt schwer, den Film in eine klassische Schublade zu stecken. Guillermo del Toro beweist mal wieder, dass er ein Meister darin ist, das Schöne mit dem Skurrilen zu verbinden. So wie „The Shape of Water“ ein Horrorfilm sein kann, ist er zeitgleich eine Märchengeschichte. Es verbinden sich Fantasy-Elemente mit klarer Wissenschaft und Liebe mit Zorn. Der Film war für mich eine Achterbahnfahrt der Gefühle, denn ist man eben mal noch traurig, wird man schon in ein nächstes Szenario geworfen und verliebt sich vollkommen in die Bildgewalt.
„The Shape of Water“ ist ein Film für die große Leinwand. Man muss die Bilder auf sich wirken lassen können. Wir wandeln durch kleine Wohnzimmer und große Labore. Mal sitzt man mit Elisa im Bus auf ihrem Weg zur Arbeit und mal taucht man unter Wasser. Die Farben sind nicht nur wunderschön bearbeitet, die Szenen sind schlichtweg atemberaubend. Wer es mag, wie düstere Geschichten bunt und lebhaft illustriert werden, wird Freude an dem Film finden.

Durch das Setting in den 1960er Jahren wird man regelrecht in eine nostalgische Stimmung geworfen. Die Kostüme saßen perfekt und waren meiner Meinung nach glaubhaft – allerdings habe ich hier keine genaueren Recherchen angestellt. Schnurtelefone und altmodische Putzutensilien versetzten mich in eine Zeitreise, die untermalt wird von wunderbaren Klängen.
Die Musik spielt nämlich eine wichtige Rolle in „The Shape of Water“. „You’ll never know“ von Renée Fleming kehrt immer wieder auf die Leinwand zurück und zieht sich als das Lied, das die Beziehung zwischen Elisa und der Kreatur beschreibt, durch den gesamten Film. Auch die Titelmusik hat es mir besonders angetan, denn nachdem ich den Film sah, musste ich sie immer wieder hören und konnte mich an das tolle Kinoerlebnis erinnern.

Sally Hawkins bringt Elisa großartig rüber. Sie zeigt eine selbstbewusste junge Frau, die über ihr eigenes Leben entscheidet. Es muss viel Recherche und viel Talent dazugehören, den Charakter so realistisch darzustellen und so viele Emotionen zu zeigen, ohne ein Wort zu sprechen. Ich musste immer wieder darüber nachdenken, dass Hawkins für den Film keinen einzigen Satz auswendig lernen musste. Aber ich will gar nicht wissen, was sie dafür alles an Recherchearbeit hineinstecken musste (mal davon ab, sie hat Gebärdensprache gelernt!).
Und auch Doug Jones‘ Leistung war wieder einmal herausragend. Ich frage mich immer wieder, wie er es schafft, so lange in solchen Kostümen auszuhalten. Seitdem ich weiß, dass er häufig Polster am Hintern oder der Brust trägt, um tatsächlich menschlicher auszusehen, musste ich beim Film besonders auf sein Kostüm achten. Das Make-up ist sehr gut gelungen und ich finde, man kann kaum erkennen, wann hier mit CGI gearbeitet wurde und wann nicht.

Dass die Beziehung zwischen der Kreatur und Elisa in den Kritiken einige Leute verstörte, konnte ich nicht so ganz nachvollziehen. Immerhin war es ja von Anfang an klar, worum es in „The Shape of Water“ gehen würde: um eine andersartige Liebesgeschichte. Die beiden nähern sich an und natürlich kommt es da auch zu sexuellen Handlungen. Diese werden nicht explizit gezeigt, sondern durch Bilder und Dialoge umschrieben. Sexualität spielt allgemein eine große Rolle und vor allem die Weibliche. Man sieht Elisa schon in den ersten Szenen masturbieren.
Der Film spricht Themen an, an die sich manche Filmemacher in Hollywood noch nicht getraut haben: Weibliche Sexualität, Vergewaltigung, Homosexualität und „Rassentrennung“. Ich war doch sehr positiv überrascht mit welcher Selbstverständlichkeit und Offenheit der Film diese Aspekte behandelt – bitte mehr davon!

Das einzige, was ich dem Film vorhalten könnte, ist seine Langatmigkeit zu Beginn. Am Anfang weiß man schlichtweg noch nicht so ganz, wohin die Reise geht. Durch Trailer und Werbung war mir bewusst, dass die Beziehung der beiden Protagonisten im Vordergrund steht, doch ich hatte keinen Schimmer, wie die Story drum herum werden würde. Ohne zu viel zu verraten, wurde ich dann aber schließlich doch in ein lustiges, dramatisches und actionreiches Abenteuer hineingezogen.

Ich finde, es handelt sich hierbei um einen ganz klassischen Guillermo del Toro: Es werden ernste Themen angeschnitten, diese werden aber fantasievoll verpackt und mit einigen Nebengeschichten ausgeschmückt. Die Kostüme, die Schauspieler und das Setting überzeugten mich vollends, sodass ich nach dem Film am liebsten nochmal reingegangen wäre. Lediglich die Ungewissheit zu Beginn, wohin mich der Film leiten würde, war mir etwas befremdlich. Dennoch vergebe ich fünf von fünf möglichen Lesebrillen und freue mich jetzt darauf, im Anschluss den Roman zu lesen.




Titel: The Shape of Water
Regie: Guillermo del Toro
Drehbuch: Guillermo del Toro & Vanessa Taylor
FSK: FSK 16
Sonstiges: 123 Minuten Laufzeit



Die genannten Details sind von 20th Century Fox entnommen.

Vielen Dank an Droemer Knaur!


Originaltitel: The Shape of Warter / Genre: Drama / Kinostart: 15.02.2018
Regie: Guillermo del Toro / Drehbuch: Guillermo del Toro & Vanessa Taylor

4 Kommentare:

  1. Liebe Lea,

    ich habe deine Rezension nur überflogen, da ich das Buch gerade lese bzw. gerade damit begonnen habe und unbedingt auch den Film sehen möchte. Dennoch verspricht dein Fazit ein wirklich herausragendes Buch, auf das ich mich jetzt noch umso mehr freue.

    Ich habe schon einige sehr negative Stimmen, sowohl zum Buch als auch zum Film gehört und bin froh, dass sich in letzter Zeit dann doch die positiven Stimmen häufen :-) Ich finde die Geschichte klingt wirklich klasse, eventuell etwas skurril, aber dennoch richtig gut und ich freue mich immens auf Buch und Film <3 :-)

    Liebste Grüße
    Ivy

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    1. Liebste Ivy,

      ich bin mal gespannt, wie dir Buch und Film gefallen =)
      Und dann müssen wir quatschen!

      Liebe Grüße
      Lea

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  2. Eine sehr schöne Review hast du verfasst. Du kannst wunderbar schreiben:) Mal sehen, bei mir in der Umgebung lief er in keinem Kino, da muss wohl die DVD her.

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    1. Vielen lieben Dank für das nette Kompliment! Und ich bin gespannt, ob die DVD bei dir einziehen wird!

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